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"Es war der erste Freiwilligendienst im Ausland für alle jungen Menschen“

JUGEND IN AKTION

Karin Schulz und Ulli Beckers waren die ersten Mitarbeiter bei JUGEND für Europa für den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) im August 1996. Als "Veteranen" des EFD blicken sie zurück auf 20 Jahre europabildende Mobilität.

Ulli Beckers und Karin Schulz

Ulli Beckers und Karin Schulz

Karin Schulz war selbst während des Studiums ein halbes Jahr als FSJ-Freiwillige unterwegs, Ulli Beckers verhandelte bereits auf seiner vorhergehenden Arbeitsstelle mit der EU-Kommission um die Einführung eines "European Voluntary Service". Als der EFD dann vor 20 Jahren startete, war er eine echte Neuheit. Er war der erste Auslandsfreiwilligendienst für alle jungen Menschen in Deutschland, der außerdem kostenlos angeboten wurde. Und Ulli Beckers ergänzt: "Mit dem EFD konnten auch Freiwillige aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland kommen und ihren Dienst leisten. Darin war der EFD Vorreiter."

Europäisch denken zu lernen, war und ist der Kern des Dienstes

Aber um die Attraktivität von Europa steht es ja gerade schlecht, oder? Für Ulli Beckers ist dies erst recht ein Grund, sich freiwillig zu engagieren: "Ich muss ja nur die Tagesschau einschalten, dann kann ich an Europa verzweifeln. Aber ich glaube, dass wir mit dem Europäischen Freiwilligendienst ein Angebot offerieren, das es zulässt, diese Zweifel zu thematisieren und die Widersprüche Europas offenzulegen, sie auf einer für einzelne Menschen erreichbaren Basis zu bearbeiten. Man engagiert sich für eine Sache, die am Ende des Tages dazu beiträgt, für die beteiligten Menschen so etwas wie einen Mosaikstein für die Wahrnehmung Europas zu legen."

Ist denn dann das Interesse an Europa die Zugangsvoraussetzung für den EFD? "Sagen wir besser 'Neugier'“, verbessert Karin Schulz . "Aber dies ist auch das einzige!" Denn der Europäische Freiwilligendienst ist offen für alle. "Ich brauche keinen speziellen Schulabschluss, keine speziellen Sprachkenntnisse und mein sozialer Hintergrund spielt keine Rolle. Für die Jugendlichen entstehen faktisch keine Kosten. Ich muss lediglich einen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben und zwischen 17 und 30 Jahren alt sein.“ Während eines EFD lernen die Jugendlichen sich selbst besser kennen und werden selbstständiger. Außerdem übernehmen sie Verantwortung für sich und für andere und lernen Anderssein zu akzeptieren und so genannte Schlüsselkompetenzen, die auch im Berufsleben hilfreich sind, meint Karin Schulz.

Notwendig seien "maßgeschneiderte Projekte, die auch eine der Zielgruppe angemessenen Form von kritischer Reflexion dieser Situation beinhalten". Den EFD sieht er auf dieser Seite des Zauns, eingebettet in das Programm Erasmus+ und in die Inklusionsstrategie der Europäischen Kommission. "Wir brauchen eine Sensibilisierung für die Frage, wie Jugendliche mit geringeren Chancen die Möglichkeit erhalten, an Freiwilligendiensten und insbesondere am EFD teilzunehmen. Angesprochen sind die Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit und die Fachorganisationen der Freiwilligenarbeit. Mit all denen sind wir in einem permanenten Dialog, um adäquate Projekte zu gestalten."

Und was hat Europa davon?

Karin Schulz  findet: "Europa bekommt durch den EFD eine Menge überzeugter europäischer Bürger und Bürgerinnen. Denn alle, die den EFD gemacht haben, entwickeln ein besonderes Gefühl zu Europa, viele sind 'angefixt'. Sie lernen zu unterscheiden. Denn: Europa ist nicht nur ein Europa, das auf Gipfeltreffen geschmiedet wird, sondern es ist ein Europa der Menschen.“

Außerdem meint sie: "Ich kann natürlich nicht von einem sechs- bis zwölfmonatigem Freiwilligendienst erwarten, dass sich die Welt verändert. Aber jede und jeder Freiwillige verändert sich, verändert den Platz, an dem er oder sie Dienst macht, ändert wieder die Umgebung, in die er oder sie zurückgeht.“

Wie geht es weiter?

Ulli Beckers findet, dass das neue Programm auch neue Herausforderungen gebracht hat. Gleichzeitig mit dem konjunkturellen Niedergang der Europabegeisterung bedürfe es nunmehr einer strategischeren Herangehensweise, man brauche wieder ein klareres Profil des Freiwilligendienstes und stärkere systemische Wirkungen.

"Freiwilligendienste sollten deshalb auch prioritär in Bereichen stattfinden, die gesellschaftspolitische Brennpunkte sind, die sich mit den aktuellen Fragen wie zum Beispiel Flüchtlinge, Menschenrechtsfragen, etc. beschäftigen." Die Philosophie, meint Karin Schulz, sei immer noch dieselbe. Es käme auf die "europäische Dimension" an, auf europäische Bürgerschaft und interkulturelles Lernen. Es habe sich vieles verändert, "aber im inneren Kern ist der EFD immer noch so, wie er vor 20 Jahren war."

Ulli Beckers bringt es auf den Schlusspunkt: "Sowohl die Nationalen Agenturen wie auch die Europäische Kommission haben begriffen, was für ein Juwel wir mit dem EFD haben. Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ihn weiterzuentwickeln und ihn auf die Höhe der Zeit zu bringen."

(Das Interview führte Dr. Helle Becker im Auftrag von JUGEND für Europa)

Alle Informationen zum EFD finden Sie auf unseren Internetseiten www.jugend-in-aktion.de bzw. www.go4europe.de.

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